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Die letzten zwei Jahre haben wir diese Kundgebung am Tag der sicheren Abtreibungen in einer Nebenstraße des Kuhdamms vor dem Büro des Bundesverband Lebensrecht abgehalten. Dieser macht Lobbyarbeit: gegen Abtreibungen, gegen die Selbstbestimmung von Frauen und Menschen mit Uterus und für ihr fundamentalistisches christliches Weltbild.
Diese Jahr stehen wir nicht vor dem Bundesverband Lebensrecht, dafür aber vor dem Büro von Beatrix von Stroch. Beatrix von Storch ist Abgeordnete der AfD und bekennenden Abtreibungsgegnerin und große Unterstützerin der christlich fundamentalistischen Demo „Marsch für das Leben“, an der dieses Jahr 2000 Menschen in Berlin teilnahmen. Nur ein Beispiel dafür, dass der Angriff von Rechten und Fundamentalist*innen auf Selbstbestimmung und Freiheit von Frauen und anderen Menschen mit Uterus immer mehr Zuspruch und Unterstützung findet.
Es wäre so schön, wenn wir nicht immer noch für unser Recht auf sexuelle und körperlicher Selbstbestimmung kämpfen müssten. Doch ein Blick in die Prognosen für die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen zeigt, dass die AfD jeweils mit mehr als 30% jeweils stärkste Kraft im Landtag werden könnte. Auch wenn man über die Landesgrenzen hinweg schaut, der internationale Rechtsruck ist fast überall zu spüren. Antifeminismus und die Beschneidung der Reproduktionsrechte sind Grundpfeiler rechter Politik. Wir dürfen das nicht aus den Augen verlieren und müssen weiter unsere Rechte auf ein selbstbestimmtes Leben erkämpfen!
Auch wenn das auf den ersten Blick nicht allzu viel mit dem Bundesvorstand Lebensrecht zu tun hat, Hier zeigt sich, dass es nicht nur um einen kleinen Haufen christlicher Fundis geht. Nicht erst seit gestern und nicht erst seit dem Wahlsieg der Rechten in Italien ist klar, dass der Antifeminismus und die Kontrolle über reproduktive Rechte von Frauen und Menschen mit Uterus und die damit einhergehenden Einschränkungen und Verbote von sicheren Abtreibungen ein Punkt sind, auf den sich konservative, rechte und rechtsradikale Parteien und Bewegungen weltweit einigen können. Teil dieser Bestrebungen ist dabei immer die Sicherung patriarchaler Herrschaft und die Kontrolle über gebärfähige Körper.
Auch die Bewahrung der heteronormativen Kleinfamilie ist dabei für konservative, rechte und rechtsradikale Gruppierungen integraler Bestandteil der politischen Ideologie. Sie gilt als Trägerin der „Nation“ oder wahlweise des jeweiligen „Volks“. Aus der Ehe sollen Kinder hervorgehen, die das Volk bewahren bzw. vor dem „Aussterben“ retten sollen. Frauen werden in dieser Vorstellung vor allem als „Geburtsmaschinen“ angesehen, deren Aufgabe es ist, durch das Gebären von Kindern die Nation zu erhalten. Queere Identitäten erkennen sie entsprechend auch nicht an. Die Entscheidung gegen eine Schwangerschaft, aus welchen Gründen auch immer, kommt hier schon einem Angriff auf die Nation selbst gleich. Dabei gibt es wenig Unterschiede, wenn Neonazis den „Volkstod“ herbeifantasieren oder die AfD im Wahlkampf mit einer „Willkommenskultur für Kinder“ wirbt.
Nicht verwunderlich ist es also, dass der „World Congress of Families“ ein Stelldichein verschiedenster Vertreter*innen rechter und rechtsradikaler Parteien und Kirchenvertreter*innen ist.
Der geteilte Hass auf die Selbstbestimmung über den eigenen Körper aller gebärfähigen Menschen schmiedet weltweit rechte Allianzen auf der Straße und in den Parlamenten. Und diese Allianzen haben Konsequenzen: belagerte Abtreibungskliniken, Bedrohungen für all jene die Abtreibungen durchführen oder durchführen lassen wollen, Gesetzesverschärfungen, aber auch die Kippung von Gesetzen wie im Falle von Roe v Wade in den USA.
Im Kampf für die „traditionelle Familie“ und gegen das Recht auf körperliche Selbstbestimmung finden Konservative und rechte Bewegungen von religiösen Fundamentalist*innen bis hin zu Neonazis einen gemeinsamen Nenner. Dass sich die Vorstellungen, was für eine Gesellschaftsordnung aus diesen Forderungen heraus entstehen soll, innerhalb dieser Gruppierungen unterscheiden mögen ist klar. Die Sicherung patriarchaler Herrschaft und der Hass auf körperliche Selbstbestimmung aller nicht cis-männlichen Personen eint unterschiedlichste rechte Bewegungen und nimmt somit eine Scharnierfunktion zwischen konservativen, rechten und rechtsradikalen Kräften ein.
Dies lässt sich weltweit beobachten. In den USA haben die Verstrickungen von fundamentalistischen Christ*innen, der Trump-Administration und dem obersten Gerichtshof, zur Kippung von Roe v Wade geführt. In Brasilien wird die gegenseitige Unterstützung von Präsident Bolsonaro und Fundamentalist*innen immer wieder öffentlich zur Schau gestellt und auch in Italien scheinen diese Allianzen nun weiteren Aufwind zu bekommen. Diese Beispiele stehen dabei nur stellvertretend für die vielen Länder, in denen es ähnlich ist.
In Deutschland bilden sammeln sich rechte Allianzen, gegen Selbstbestimmung und Abtreibungsrechte, etwa in der CDL, den “Christdemokraten für das Leben” in der CDU. Auch hier verbindet das Thema unterschiedliche rechte Strömungen und Parteien. Der Bundesverband Lebensrecht ist ein perfektes Beispiel für diese verbindende Funktion. Der Verband organisiert den jährlichen “Marsch für das Leben”, wo fundamentalistische Christ*innen gegen Abtreibungen dämonstrieren. Der Marsch gegen Abtreibungen fand dieses Jahr neben Berlin auch Köln statt, was für die Kölner CDU Anlass war, Werbung für den Marsch zu machen. Die Demonstration ist eines der wichtigsten Jahresevents, bei dem die verschiedenen rechten Gruppierungen der fundamentalistischen Allianz zusammenkommen. Hier läuft die CDU neben der AfD, und beide neben fundamentalistischen Christ*innen und Rechtsradikalen. In den vergangenen Jahren konnten wiederkehrend holocaustrelativierende Aussagen wie „Babycaust“ beobachtet werden und auch Neonazis wie der als Holocaustleugner bekannte Ralf Löhnert sind auf dem sog. „Marsch für das Leben“ anzutreffen. Natürlich ist auch Beatrix von Storch dabei, wenn der Fundi-Marsch durch Berlin zieht. Und auch abseits des Marsches wird die Scharnierfunktion deutlich: So scheuten sich die ehemaligen Vorsitzenden Claudia Kaminski und Martin Lohmann nicht für Rechtsaußen-Publikationen wie die „Junge Freiheit“ und das „Compact-Magazin“ zu schreiben. Dabei sind sie alle vereint in ihrem reaktionären Kampf gegen Selbstbestimmung und Gleichberechtigung, in ihrem Antifeminismus, ihrer Queerfeindlichkeit. Nach einer kurzen Pause durch die Pandemie wurde auch dieses Jahr wieder Berlin-Mitte zum Sammlungsort antifeministischer Abtreibungsgegner*innen.
Und immer, wenn sie laufen, gibt es Gegenprotest! Wir begrüßen ausdrücklich die Proteste, die Aktionen und die Blockaden des Marsches durch das Leben und das Bündnis What The Fuck, das sich dem Marsch seit Jahren entgegen stellt. Doch der Kampf gegen Fundis und für körperliche Selbstbestimmung findet das ganze Jahr statt! Es ist wichtig, entschlossen gegen die rechten und fundamentalistischen Allianzen vorzugehen! Auf der Straße und vor ihren Einrichtungen! Darum freuen wir uns, mit euch gegen die AfD, den Marsch für das Leben und die ganze Reaktionäre Allianz zu protestieren! Danke dass ihr hier seid!