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Am 4. November jährte sich der Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Stregda und die Explosion der Wohnung von Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe in Zwickau zum zehnten Mal – Ereignisse, die im Allgemeinen als die „Selbstenttarnung“ des Nationalsozialistischen Untergrunds bezeichnet werden. Zehn Jahre später hat sich weder an der Alltäglichkeit faschistischer Gewalt, dem rassistischen Generalverdacht gegen People of Colour noch an der Verstrickung der sogenannten „Sicherheitsbehörden“ in ebendiese faschistische Gewalt viel geändert. In den Monaten nach dem Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt und der Verhaftung Zschäpes wurde der Gesellschaft von Vertreter_innen des Staates vollmundig Aufklärung und Transparenz versprochen, in der Realität bekamen wir eine Mauer des Schweigens und die Kerntrio-These. Während die Angehörigen von Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michéle Kiesewetter und die Überlebenden der Anschläge immer noch auf viele Fragen keine Antwort haben, können sich die faschistischen Unterstützer_innen des NSU inner- und außerhalb der Behörden in Sicherheit wiegen.
Bevor wir am 13. November in Gedenken an die Opfer des faschistischen Terrors und Wut auf die Täter auf die Straße gehen, wollen wir noch mal an die Verstrickung des deutschen Staates in die NSU-Mordserie erinnern. Denn neben den faschistischen Gruppen wie dem Thüringer Heimatschutz, Combat18 und Blood&Honour haben auch die Bullen, der Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst die faschistische Mörderbande immer wieder unterstützt. Deshalb muss sich unsere antifaschistische Wut auch immer wieder gegen sie richten.
Allerdings muss fast jeder Text über den NSU wegen der Größe des NSU und dem Berg an Verstrickungen zwangsweise begrenzt sein. Wir haben entschieden, uns hier auf den NSU im Militär und bei den Bullen zu fokussieren. Diese scheinen uns im Vergleich zu den Verbidungen zwischen dem NSU und dem Verfassungsschutz noch recht unbekannt und wenig im Bewusstsein von Antifaschist:innen. Also werden wir hier zum Beispiel nicht darünber schreiben, wie der VS-Mitarbeiter Andreas Temme versucht, ja nichts vom Mord an Halit Yozgats Leiche zu bemerken, als er mit starrem Blick den Tatort verlässt.
Mörderische deutsche Traditionen
Die Geschichte von Militär und Bullen in der BRD ist vom Faschismus zutiefst geprägt. Seien es (wieder)eingestellte NS-Täter, Racial Profiling in deutscher Tradition oder faschistische Netzwerken wie Nordkreuz. Kaum eine Einheit der Bundeswehr verkörpert die deutsche Tradition des Faschimus so treu wie das Kommando Spezialkräfte und die Fallschirmjäger und Fernspäher. Beide Einheiten waren im Verlauf auch besonders beliebt bei Thüringer Neonazis. Die thüringer Szene rief seit den 80ern immer wieder dazu auf sich den hochrangigen Einheiten anzuschließen, um die dort erlernten Fähigkeiten später nutzen zu können, und auch dazu, sich in der Hierarchie hochzuarbeiten, um andere Faschisten innerhalb der Struktur dann schützen zu können.
Von 1990 an wurden die Fallschirmjäger und Fernspäher von einem Oberst namens Ulrich Quante ausgebildet – einem glühenden Verehrer der Wehrmacht und insbesondere der Fallschirmjäger der Wehrmacht.) In der Kaserne, im hessischen Altenstadt, kursierten in Frakturschrift gedruckte Gebote für Fallschirmjäger, die aus dem Nationalsozialismus stammten. Den Jahrestag eines besonders brutalen Angriffs auf die Insel Kreta durch Wehrmachts-Fallschirmjäger feierte Quante mit einer gemeinschaftlichen Kranzniederlegung und dem Singen von Wehrmachts-Liedern. In einer Befragung durch einen Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages von 1998 machte Quante die Wehrmachts-Fallschirmjäger zu Opfern, die durch ein „Unrechtssystem“ missbraucht wurden seien und an die deshalb erinnert werden müsste. Mit dieser Täter-Opfer-Umkehr war Quante natürlich kein Einzelfall, sondern befand sich ganz auf Linie des damaligen Verteidigungsminister Volker Rühe. Die Verehrung für Wehrmachts-Kriegsverbrecher begannen in Altenburg bereits lange vor Quantes Zeit; so wurde in den 1960ern zum Beispiel eine Straße auf dem Gelände der Schule nach dem verurteilten Kriegsverbrecher Bruno Bäuer, der für die Deportation der auf Kreta lebenden Juden verantwortlich war, benannt. Während Quantes Zeit hingen NS-Devotionalien und Hitlerfotos in den Zimmern der Soldaten, die Hitlergrüße zeigten und Reden von Goebbels und Hitler abspielten. All dies wurde von Quante als Ausdruck der „Sammelwut“ jugendlicher Soldaten heruntergespielt und vor dem MAD aktiv verheimlicht. Und wie immer bleibt es bei Faschisten nicht bei Worten und aufgehängten Bildern: Dirk Laabs zitiert in „Staatsfeinde in Uniform“ unter anderem einen Medienbericht, laut dem sich Altenburger Soldaten mit „einer Gruppe von Türken“ „prügelten“. (S.34)
Unter anderem aus diesem Milieu rekrutierte sich schließlich das KSK, „Kommando Spezialkräfte“, welches inzwischen so von Faschisten durchsetzt ist und in das Nordkreuz-Netzwerk verstrickt ist, dass selbst das Verteidigungsministerium nicht länger wegschauen konnte. Quante selbst träumte in den 1990ern davon, das KSK zu leiten, wurde jedoch zu den Reserveeinheiten vom sogenannten „Heimatschutz“-Kommando versetzt. Viele der Fallschirmjäger und Fernspäher, aus denen das KSK letztendlich zusammengestellt wurde, hatten vorher die Ausbildung in Altenstedt durchlaufen und waren dann an andere Orte versetzt wurden. Unter anderem nach Varel, wo das Singen von Wehrmachtsliedern und das Dekorieren der Kaserne mit NS-Devotionalien munter weiterging. Eine Clique von Ausbildern galt als gefestigt „rechtsextrem“, hielt schützend die Hand über die Gesinnungsgenossen und befeuerte gleichzeitig die Faschisierung der einzelnen Soldaten – taten damit also genau das, wozu Neonazis aus Thüringen in ihren faschistischen Szenezeitschriften aufgerufen hatten.
Theoretisch hätte es innerhalb der Bundeswehr ein System gegeben, dass genau diese Entwicklung hätte bemerken und verhindern sollen – den Militärischen Abschirmdienst (MAD, Geheimdienst des Militaers). Zum einen nutzten faschistische Soldaten in Autoritätspositionen jedoch ihre Wissen über bevorstehende, eigentlich als Überraschungsbesuch geplante Untersuchungen durch den MAD und warnten ihre Kameraden, so dass diese Nazi-Devotionalien rechtzeitig verschwinden lassen konnten. Zum anderen agierte der MAD immer wieder genau so wie der Verfassungsschutz und rekrutierte bewusst Faschisten als angebliche „V-Leute“, von denen Informationen abgeschöpft, aber nie für irgendetwas sinnvolles verwendet wurden. Genau diese Mechanismen kamen auch beim NSU zum Einsatz. (Und selbst wenn der MAD die gesammelten Informationen doch mal nutze, um davor zu warnen, dass Faschisten sich bewusst der Bundeswehr anschloßen, wurde er von der Heeresleitung ignoriert.)
Rekrutieren – Nichts tun – Akten schreddern: Der MAD
Als einer der drei deutschen Geheimdienste versteht es sich von selbst dass der MAD tief im braunen Sumpf steckt. Wie der Verfassungsschutz (VS) wusste er lange über die Strukturen des NSU gut Bescheid ohne irgendetwas zu unternehmen.
Der MAD versuchte 1995 Mundlos als Spitzel anzuwerben. Er solle doch bitte “bekannt gewordene Termine für Anschläge auf Asylantenheime” melden. Der MAD wusste also das Mundlos darüber Bescheid wissen würde. Mundlos verneint, er kann sich nicht vorstellen mit den zuständigen Behörden zu kooperieren. In Jena hat Mundlos zur selben Zeit mit einem anderen Nazi eine Geflüchteten-Unterkunft ausgescoutet und Fotos gemacht. Der MAD lässt Mundlos seinen Dienst ohne weiteres beenden. Kurz nach seinem Dienstende geht Mundlos zu einem klandestinen Treffen. Sein Gesprächspartner: Wolfgang Juchem aus Hessen, bekannter Nazi, war 30 Jahre Offizier des MAD. Die rechtsextreme Szene weiß über ihre Kammeraden in den Behörden gut über deren Vorgehensweisen Bescheid. Mundlos’ Akte vom MAD wurde unvollstaendig verspätet dem Untersuchungsausschuss geliefert. Die Strukturen bestanden also weiter. In seiner Bundeswehr Zeit radikalisierte sich Mundlos weiter, und konnte sich vernetzen. Bei der Bundeswehr hat Mundlos auch das erste Mal Thomas Richter getroffen – Thomas Richter: V-Mann alias Corelli, der schon etwas ‘zu früh’ über den NSU Bescheid wusste als (höchstwahrscheinlich) er 2003 CDs mit dem Namen NSU herstellte. Eine der Top-Quellen des VS, die sehr gut in der rechten bzw. Rechts-terroristischen Sezene vernetzt war. Als Bekannter von Thomas Gerlach ist Thomas Richter auch ein Knotenpunkt zu den Hammerskins, die lange wenig im NSU betrachtet wurden (AIB 132 „Die Hammerskins im NSU-Komplex“). Auch im Mord an Michele Kiesewetter und dem Schuss auf ihren Kollegen taucht Thomas Richter wieder auf. Er war Teil der Ku-Klux-Klan Gruppe in Baden-Wüttemberg in der 2 Bullen aus Kiesewetters Einheit aktiv waren. Dazu später mehr. Es geht hier um immer wieder auftauchende Bezuege von Thomas Richter im NSU. Ort der Vernetzung bleibt der Nazi-Treffpunkt Bundeswehr.
Auch André Eminger war dem MAD gut bekannt. Er und seine Frau Susann Eminger sind Schlüsselpersonen des NSU. Sie organisierten Wohnung, BahnCards und Wohnmobilen und Identitäten für das Kern-Trio. Während seines Wehrdienstes 1999 organisierte Eminger eine konspirative Wohnung in Chemnitz. Kurz darauf zündet der NSU in Nürnberg eine Bombe bei dem der Betroffene nur knapp ueberlebt. Kurz nach Beginn seines Wehrdienstes und während er vom VS ihn observiert, wurde er von einem Oberleutnant vernommen. Eminger erläutert in Ruhe seine faschistische Ideologie, und beendet seinen Dienst ohne Weiteres. Drei Mal werden seine Vorgesetzten informiert, drei Mal trifft kein Finger den NSU-Funktionär.
Vielleicht am krassesten ist das Nicht-Verhalten des MAD in Bezug auf Jürgen Helbig (alias Rabe). Der Kindheitsfreund von Böhnhardt war Teil des NSU als Kurrier und Kontaktmann zu den Abgetauchten. In einer Lieferung vermutet er eine Waffe. Er half dem Kern-Trio bei der Flucht 1998, beschaffte ein “Zwischendepot” ueber Ralf Wohllenben und kommuniziert für ihn über die Geld-Situation. Bei seinem Dienstantritt wird er vom LKA befragt: Helbig sagt nichts und lehnt den Anwerbeversuch ab. Dann befragt ihn der MAD. Erst sagt Helbig wieder nichts und will von nichts wissen. Dann redet er doch. Helbig erzählt von seinen Kuriertätigkeiten und dass er es wieder machen würde. Er gibt seine Einschätzung ob sich das Kern-Trio stellen wird und bekennt sich zu rechtem Terror, aber wolle während der Dienstzeit keine Nazi-Aktivitaeten verfolgen. Bis zum Dienstende… Der MAD stellt keine Anzeige. Mit Verzögerung leitet er die Informationen nur an andere deutsche Geheimdienste weiter, an das fahndende LKA jedoch nicht. Mit diesem Wissen schreibt der VS 2004, dass: “Derzeit […] in Deutschland keine rechtsterroristischen Organisationen und Strukturen erkennbar [… sind.] Ungeachtet der Tatsache, dass es den ›Bombenbastlern von Jena‹ jahrelang gelungen war, sich ihrer Verhaftung zu entziehen, gibt es keine wirkungsvolle Unterstützerszene, um einen nachhaltigen Kampf aus dem Untergrund heraus führen zu können.”
Dieses Schema zieht sich durch, sei es noch Ivo S., Mitglied vom THS, vom MAD dem LKA abgeworben, nichts gemacht oder im Fall Tristan. Dem Nazi der im THS, der NPD und der verbotenen FAP war gab seine Ideologie zu, wurde irgendwann Spitzel und rekrutierte nebenbei für eine Wehrsportgruppe. Es ist glasklar, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt oder um einzelnens Behördenversagen. Diese Struktur ist Behörden-Prozedur.
Diese Struktur zeigt besonders eine aus den Akten weggeschredderte Aktion des VS und MAD im Jahr 1997 namens ‘Operation Rennsteig’ mit dem Ziel möglichst viele V-Männer aus der thüringer Nazi-Szene zu rekrutieren. Aus der Operation gab es eine Mappe voller Nazi-Namen in der auch Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auftauchen. Massig rekrutieren, nichts tun, Akten schreddern: Das ist das Programm der Geheimdienste. Dabei muss klar sein was aus dem Programm der Schreibtischtäter resultiert: Die nie entnazifizierten Behörden nehmen schulterzuckend Morde hin und laufen aus dem Cafe raus – mit starrem Blick – um bloss nicht die Leiche die vor ihnen liegt zu sehen.
Die Ermordung Kiesewetters
Vor mehr als drei Jahren endete in München der NSU-Prozess. Beate Zschäpe erhielt eine lebenslange Freiheitstrafe. Die anderen Angeklagten erhielten dagegen teilweise gerade zu lächerlich niedrige Freiheitsstrafen. Manchen wird das schmierige Grinsen André Emingers noch im Gedächntis geblieben sein, als dieser zu lediglich zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Die für Dezember geplante Revisionsverhandlung für Eminger, wird am Erfolg, den das Münchner Gericht der Nazi-Szene beschert hat nichts mehr ändern.
Mit dem Urteil zeigte das Gericht, dass es weiterhin die längst schon wiederlegte These des NSU-Trios stützt und gleichzeitig keinerlei Interesse hat die begangenen Morde vollständig aufzuklären. Vieles bleibt weiterhin im Unklaren und weitere Untersuchungen scheitern am Unvermögen und vor allen Unwollen der Bullen und StaatsanwältInnen. Besonders rund um den NSU-Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter gibt es eine ganze Reihe an ungeklärten Fragen.
Kiesewetter wurde am 25. April 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese ermordert. Ihr Kollege Martin A. überlebte mit schweren Verletzungen. Für die Ermittlungsbehörden war (und ist) Kiesewetter immer noch ein zufällig gewähltes Opfer, angesichts der Verbindungen die ihr Umfeld mit der rechten Szene hatten, ist das Beharren auf dieser These beinahe höhnisch. Doch von Anfang an:
Michèle Kiesewetter stammt aus Oberweißbach in Südthüringen, nur etwa 70 Kilometer entfernt von Jena und noch näher an Saalfeld, wo sich der Thüringer Heimatschutz regelmäßig traf. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe kommen aus Jena und waren Mitglieder beim THS, der seine Bomben und Waffen vom Verfassungsschutz finanzieren ließ. Die Gaststätte in Oberweißbach war ebenfalls Nazi-Treffpunkt, so dass die Vermutung naheliegt, dass auch Kiesewetter selbst Kontakt mit Faschos gehabt haben könnte. Der ehemalige BKA-Chef Ziercke hat in einer Befragung davon gesprochen, dass sie Böhnhardt kannte oder sogar mit ihm befreundet war. Das ist auch nicht die einzige persönliche Verbindung der Familie Kiesewetter mit Nazis beziehugsweise dem NSU: Der Patenonkel Kiesewetters hatte ebenfalls Kontakte mit Nazis. Seine Ex-Frau, ebenfalls Polizistin, deckte Straftaten von Faschos und wird verdächtigt auch Infos an Nazis weitergegeben zu haben.
Ihr neuer Mann ist Chef einer Secruity-Firma, die zahlreiche Nazis beschäftigt. Böhnhardt kannte er wohl ebenfalls. Der braune Sumpf im Umfeld Kiesewetters wurde bei den Ermittlungen nach ihrem Mord nie weiter untersucht – vor allem die Verbindungen zur thüringischen Polizei wollen die Bullen wohl gar nicht aufklären.
Nicht nur in Thüringen war Kiesewetters Umfeld gut bekannt mit Nazis. Auch ihre KollegInnen in Baden-Württemberg waren eng ins rechte Milleu verstrickt. Zwei Bullen der BFE Einheit 523, der Kiesewetter angehörte, waren Mitglieder des rassistischen Ku-Klux-Klans. Beim selben KKK-Ableger verkehrte auch V-Mann Thomas Richter, der als „Corelli“ im Umfeld des NSU agierte. Die KKK-Mitgliedschaft hatte für beide Bullen übrigens keine Konsequenzen. Einer wurde versetzt, der andere lediglich verwarnt. Die Behörde kaufte im seine Ausrede, beim KKK hätte lediglich „Frauen kennenlernen wollen“ ab. (Quelle: Staatsfeinde, S376ff) Die beiden KKK-Kollegen waren beiweiten nicht die einzigen in Kiesewetters Einheit, die mit Nazis kokettierten. Regelmäßig soll Faschos-Rock gehört worden sein – am liebsten von Noie Werte, eine Nazi-Band, deren Song der NSU für eine Version ihres Bekennervideos nutzte. Ringo M., Vorgesetzter von Kiesewetter tat sich ein paar Jahre nach dem Mord als Gründer des Vereins Uniter, Sammelbecken rechter Bullen und Soldat:innen, hervor.
Die ekelhafte rechte und rassistische Gesinnung der baden-württembergischen Bullen trat auch selbst dann als ihre Kollegin erschossen wurde zu Tage. Schnell waren Schuldige gefunden: Eine Gruppe Sinti:zze und Rom:nja, die sich zufällig in der Nähe des Tatorts befanden. „Ermittelt“ wurde hier mit antiziganistischer Motivation, so wurden zum Beispiel Sinti:zze und Rom:nja qua Abstammung des Lügens über den Fall verdächtigt. Und auch die DNA des „Phantoms von Heilbronn“, eine Spur, die am Tatort und davor an zahlreichen anderen Orten Europas gefunden wurde, wurde ohne jeden Beweis als Romnja identifiziert. Später stellte sich heraus, dass die Spur aus der Firma, die die Wattestäbchen der Spurensicherung herstellte stammte. Mit viel Elan konnten die Bullen Sinti:zze und Rom:nja pauschal verdächtigen und stigmatisieren – ein Graffiti mit dem Schriftzug „NSU“ direkt am Tatort wurde allerdings übersehen. Erst als sich der NSU selbst enttarnte wurden Nazis für den Mord an Kiesewetter in Betracht gezogen. Schnell standen dann Böhnhardt und Mundlos als alleinige Täter fest – von den fünf bis sechs Personen, die Zeug:innen am Tatort gesehen haben, war dann keine Rede mehr. Der Fall war für die Sicherheitsbehörden geklärt. Die Verstrickungen von Staat, Polizei, Verfassungsschutz und aller anderen Behörden in den Fall und den NSU-Komplex als Ganzen wurden nicht weiter untersucht.
Fazit
Der NSU bewegte sich immer wieder in den Kreisen von Bullen und Militär. Besonders der MAD war sich dem bewusst – und handelte nicht. Die organisierten Nazis in den faschistischen staatlichen Strukturen bestehen in deutscher Tradition bis heute. Darüber hinaus wird spätestens seit ein paar Jahren jeden Monat vor Augen geführt, dass Bullen und Militär auch Orte der faschistischen Radikalisierung und Organisierung sind. Der Korpsgeist, die Chatgruppen, blind gehorchen und den eigenen Gewaltexzessen freien Lauf zu lassen: Elemente wie diese sind Grund dafür wieso sich Nazis so wohl fühlen in und ausserhalb staatlicher Strukturen und Bullen und Soldaten auch so schnell Faschisten werden, wenn sie es vorher nicht schon waren.
Das Netzwerk des NSU – wie sich an Ringo M. – Vorsitzendem von Kiesewetter und Gruender von Uniter – spielen in den vielen Nazi-Netzwerken im Staat weiter eine Rolle. Die Ideologie die der NSU verbreitet hat, findet sich nahezu identisch bei den Faschos die den Tag X vorbereiten wieder. Und auch die Schreibtischtäter die den faschistischen Terror absegnen und die Augen zudrücken sitzen weiter an ihren Tischen. Der Nachfolger von Ulrich Birkenheimer, der während der Selbstenttarnung des NSU Präsident des MAD war, war Christof Gramm. Gramm hatte im Verteidigungsministerium in der Fachaufsicht die Schreibtischtäter des MAD abgesegnet. 2020 verlor Gramm den Posten, weil er bei Ermittlungen zu Nazis beim KSK Informationen zurückgehalten hat.
Deswegen ist es für uns als Antifaschist:innen unerlässlich, dass wir eine konsequente anti-staatliche Haltung und Praxis haben. Wenn wir Faschos und deren Strukturen angreifen wollen, müssen wir auch den Staat angreifen. Wir wissen dass das leichter gesagt als getan ist. Wir wollen nicht entmutigen, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unserer Praxis führen. Den Feinden die als Elite-Soldaten ausgebildet werden und Waffenlager haben können wir kaum etwas entgegensetzen. Diese Situation und Ohnmacht in der wir sind dürfen wir nicht verdrängen. Selbst wenn wir keine direkten Antworten finden, müssen wir unsere Analyse vemehrt auf den Staat lenken, als Ort und Beschleuniger faschistischer Radikalisierung, Organisierung und als Unterstützer faschistischen Terrors. Das liegt in unserer Verantwortung. Wir müssen diese Auseinandersetzung führen, denn bei den hunderten an Nazi-Netzwerken ist es leider nur eine Frage der Zeit bis sie ihre Pläne umsätzen. Wir wissen jetzt von der Gefahr und sind deswegen jetzt gezwungen zu handeln.
Erinnern heißt kämpfen – All cops are targets!
Lasst uns gemeinsam eine kämpferische Demo am 13.11.21 bestreiten.
13.11.21 – 18 Uhr – S/U Lichtenberg
Verweise zu einigen Quellen
– Staatsfeinde in Uniform – Dirk Laabs
– antifainfoblatt.de
– nsu-watch.org
– antifa.vvn-bda.de
– exif-recherche.org