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Ein weiterer G20-Gruppenprozess beginnt: Im Zuge der Anklagen gegen bundesweit über 80 Demonstrant*innen, die im Sommer 2017 gegen den Gipfel auf der Straße waren, werden als erstes die fünf jüngsten Aktivist*innen vor das Hamburger Landgericht gezerrt. Das sogenannte „Rondenbarg“-Verfahren beginnt am 3. Dezember und wird sich über mehrere Monate bis hin zu Jahren ziehen. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft wegen bloßer Anwesenheit haftbar gemacht zu werden, ist ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit aller. Aufgrund ihres Alters, sie waren damals noch unter 18 Jahre, ist keine Öffentlichkeit im Saal zugelassen. Umso wichtiger, dass wir diese außerhalb des Gerichts schaffen! Lasst uns Druck machen!
Deshalb rufen wir – im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ – am dezentralen Aktionstag, dem Samstag vor dem ersten Prozesstermin, in Berlin zu einer Anti-Repressions-Demo auf.
Wir alle kennen Repression. Gerade die vergangenen Monate waren von tiefen Repressionsschlägen gegen linke Bewegungen gezeichnet. Wir kennen ihre Gewalt.
Wir waren zusammen in Hamburg.
Wir waren aus guten Gründen da.
Wir können die Repression nur gemeinsam verhindern!
Kommt zur Demo! Bringt eure Freund*innen, Genoss*innen und Nachbar*innen mit! Auch weitere Aktionen sind willkommen. Schickt uns gern Berichte und Bilder zum Veröffentlichen an gemeinschaftlich[at]riseup.net.
In Solidarität mit allen emanzipatorischen Kämpfen!
Alle Verfahren stoppen!
Freiheit für die Gefangenen!
United We Stand!
Mit den Rondenbarg-Verfahren soll eine Kollektivschuld etabliert werden. Die bloße Anwesenheit bei einer Demonstration reicht aus, die Aktivist*innen anzuklagen. Sie werden keiner eigenen, individuell zugeordneten Handlung beschuldigt. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Hamburg werden mit einer „gemeinschaftlichen Tat“ begründet. Verurteilungen werden die Versammlungsfreiheit daher massiv einschränken, da dann die einfache Teilnahme an einer Demonstration als Straftat ausgelegt werden kann. Dieses Konstrukt der „psychischen Beihilfe“ auf Demonstrationen wurde teilweise im Urteil gegen G20-Gegner*innen am 10. Juli 2020 im Elbchaussee-Prozess durchgesetzt. Bereits das Verbot der bedeutenden Diskussionsplattform der linken Bewegung, „Indymedia Linksunten“, und die auf den G20-Gipfel folgenden Öffentlichkeitsfahndungen – eine der größten in der Geschichte der BRD, bei denen über 400 Menschen ohne gesicherten Straftatverdacht an den Pranger gestellt wurden – griffen tief in Grundrechte ein und sollen Menschen einschüchtern. Die aktuellen Hausdurchsuchungen und Anklagen nach Paragraph 129 des Strafgesetzbuches „Bildung krimineller Vereinigungen“ gegen vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbaus und der zusätzlichen Konstruktion eines G20-Zusammenhangs bei den Durchsuchungen im September in Berlin und Athen sind ein erneuter harter Schlag und dienen insbesondere der Ausspähung linker Strukturen. Die Durchsuchungen bei Aktivist*innen in Frankfurt am Main und der Räumlichkeiten des dortigen AStAs diesen Sommer wurden sogar mit dem Verdacht der „Bildung terroristischer Vereinigungen“ (Paragraph 129a) begründet.
Bewegungen und deren Versuche und Perspektiven einer anderen gesellschaftlichen Organisierung, in der alle ein schönes Leben führen können, sollen zermürbt werden – fürs Kapital und die Erhaltung der Machtverhältnisse. Damit wir nicht wieder zu Zehntausenden auf die Straße gehen.
Wir sollen weiterhin mit Klatschen, lächerlichen Prämien oder restriktiven Sozialleistungen abgespeist werden. Nichtauszahlung von Löhnen wie durch „insolvent gegangene“ Tochterfirmen bei der „Mall of Berlin“ oder unbezahlte Überstunden werden weiterhin ermöglicht und Arbeitsrechte ausgehöhlt. Menschen werden massenhaft zwangsgeräumt und jene auf der Straße kontrolliert und verjagt. In Berlin sind akut mehrere Kieztreffpunkte, Hausprojekte und Kneipen gefährdet. Das Camp von vorwiegend aus Osteuropa kommenden Arbeiter*innen und die Wagenburg „Sabotgarden“ in der Rummelsburger Bucht, das Jugendzentrum Drugstore, das Syndikat und die Liebig 34 wurden bereits geräumt. Antifaschistischen Organisationen wie der von Holocaust-Überlebenden gegründeten VVN-BdA wird die Gemeinnützigkeit entzogen und Nazi-Strukturen gedeckt. Hierin reihen sich auch die Hausdurchsuchungen, Anklagen, Verhaftungen und DNA-Abnahmen bei Antifaschist*innen in Baden-Württemberg und in Leipzig diesen Sommer ein, wobei ebenfalls wieder der Paragraph 129 ins Spiel gebracht wird. Rechtsextreme und rassistische Anschlagsserien wie in Neukölln sollen hingegen nicht aufgeklärt werden und paramilitärische, faschistische Netzwerke weiter agieren. Der Mord an Ferhat Mayouf, der am 23. Juli 2020 in einer Zelle im Knast Moabit verbrannte während die Schließer*innen seine Hilfe-Schreie solange ignorierten bis er verstummte, wird wieder einmal zum Suizid erklärt. An den Grenzen wird die Militarisierung vorangetrieben und Rüstungsexporte gesteigert, wobei die BRD schon lange zu den größten Rüstungsexporteuren der Welt gehört. Autoritäre Staaten wie die Türkei und ihr Angriffskrieg gegen die demokratische Selbstverwaltung in Rojava werden mit Waffenlieferungen unterstützt, Bundeswehrkriegseinsätze wie in Mali verstärkt. Das Recht auf Asyl wird indes kontinuierlich gestutzt und Sammelabschiebungen finden ungeachtet der Pandemie weiter statt. Linke internationale Genoss*innen, insbesondere aus der Türkei und Kurdistan, werden in der BRD dagegen strafrechtlich verfolgt, wie jüngst im Urteil zum TKP-ML-Prozess im Juli 2020 wieder einmal deutlich wurde.
All das, um die kapitalistischen Eigentums- und Produktionsverhältnisse zu schützen – ein System, das auf der Auspressung unserer Arbeitskraft für den Reichtum weniger basiert, dabei die Natur zerstört, Rassismus und Sexismus fördert und verteidigt – und zur Durchsetzung dieser Interessen täglich Menschen umbringt.
Gegen ihre politischen Gerichtsprozesse und Verurteilungen!
Alle gemeinsam gegen Polizeigewalt und Repression!
Für eine befreite und solidarische Gesellschaft ohne Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat!
Im Zuge der G20-Gegenproteste in Hamburg wurde am Freitagmorgen, den 7. Juli 2017, ein Demonstrationszug auf der Straße Rondenbarg in Hamburg von der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Blumberg der Bundespolizei brutal zerschlagen, wobei 14 Personen mit teilweise bleibenden Schäden verletzt und weitere 59 festgenommen wurden. An sexistischen Sprüchen wie „Das ist euer Frühstück, ihr Antifa-F***“ mangelte es während der Prügel nicht. Fabio V. saß damals fünf Monate in U-Haft, bis sein Prozess vorerst geplatzt ist. Bundesweit haben im vergangenen Jahr über 80 Demonstrant*innen Anklagen erhalten. Aufgeteilt in acht Verfahrensgruppen werden ihnen mehrere Straftaten wie schwerer Landfriedensbruch, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen. Mehrjährige Haftstrafen stehen im Raum. In Form eines „Pilotverfahrens“ werden nun die fünf jüngsten Demonstrant*innen aus der 19er-Jugendgruppe demnächst in Hamburg wöchentlich vor Gericht erscheinen müssen. Der leitende Richter Georg Halbach ist bekannt für harte Urteile gegen Hausbesetzer*innen und milde Bewährungsstrafen gegen Gruppenvergewaltiger. Hinzu kommt, dass einige der Strafgesetze, die bei den Rondenbarg-Verfahren eine Rolle spielen, erst kurz vor dem G20-Gipfel verschärft wurden und seither massenhaft gegen soziale Bewegungen genutzt werden – sei es beim Kampf gegen Verdrängung, bei Aktionen gegen faschistische und antifeministische Aufmärsche, beim Widerstand gegen Abschiebungen, bei Blockaden von Rüstungsexporten oder Besetzungen von Kohlegruben.
Zeigen wir, was gemeinschaftlich widerständig bedeutet!
Berliner Teil der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“
Demonstration gegen Repression
zum Auftakt der Massenprozesse zu den G20-Protesten am Rondenbarg
Samstag | 28. November 2020 | 15 Uhr | Spreewaldplatz | Berlin